Stück nach Franz Kafkas "Bericht für eine Akademie"
Der Monolog des Affen Rotpeter als Stück für 10 Schauspieler. Ausgangspunkt für die Stückfassung war die biographische Recherche der Gruppe, bei der wir uns insbesondere mit den Mechanismen der Anpassung an vorgegebene gesellschaftliche Normen und Machtverhältnisse auseinandergesetzt haben.
"Wenn ich Ihnen, Rotpeter, hier so gegenübersitze, Sie reden höre, Ihnen zutrinke, wahrhaftig - ob Sie es nun als Kompliment auffassen oder nicht, es ist aber nur die Wahrheit - ich vergesse dann ganz, daß Sie ein Schimpanse sind. Erst nach und nach, wenn ich mich aus den Gedanken zur Wirklichkeit zurückzwinge, zeigen mir wieder die Augen wessen Gast ich bin."
"Ja"
"Sie sind so still geworden, warum denn? Haben mir noch gerade jetzt so staunenswert richtige Urteile über unsere Stadt gesagt und sind jetzt so still."
"Still?"
"Fehlt Ihnen etwas? Soll ich den Dresseur rufen? Vielleicht sind Sie es gewohnt um diese Stunde eine Mahlzeit einzunehmen?"
"Nein, nein. Es ist auch schon gut. Ich kann Ihnen auch sagen was es war. Manchmal überkommt mich ein solcher Widerwille vor Menschen, daß ich dem Brechreiz kaum widerstehen kann. Das hat natürlich nichts mit dem einzelnen zu tun, nichts mit Ihrer liebenswürdigen Gegenwart. Es geht gegen alle Menschen. Es ist das auch nichts merkwürdiges, sollten Sie z. B. mit Affen ständig zusammenleben, hätten Sie bei aller Selbstbeherrschung gewiß ähnliche Anfälle. Im übrigen ist es auch nicht eigentlich der Geruch der Mitmenschen, der mich anwidert, sondern der Menschengeruch, den ich angenommen habe und der sich mit dem Geruch aus meiner alten Heimat mischt. Bitte riechen Sie selbst! Hier auf der Brust! Tiefer die Nase ins Fell! Tiefer, sage ich!"
"Ich kann leider nichts besonderes riechen. Der gewöhnliche Geruch eines gepflegten Körpers, sonst nichts. Allerdings, die Nasen der Stadtmenschen sind nicht maßgebend. Sie wittern natürlich tausenderlei das an uns vorüberweht."
"Früher mein Herr, früher. Das ist vorüber."
"Da sie selbst davon beginnen wage ich die Frage: Wie lange leben Sie eigentlich unter uns?"
"Fünf Jahre, am fünften August werden es fünf Jahre."
"Unerhörte Leistung. In fünf Jahren das Affentum abwerfen und die ganze Menschheitsentwicklung durchzugallopieren. Das hat wahrhaftig noch niemand getan. Auf dieser Rennbahn sind Sie allein."
Franz Kafka, Oktavheft D
"Wenn ich Ihnen, Rotpeter, hier so gegenübersitze, Sie reden höre, Ihnen zutrinke, wahrhaftig - ob Sie es nun als Kompliment auffassen oder nicht, es ist aber nur die Wahrheit - ich vergesse dann ganz, daß Sie ein Schimpanse sind. Erst nach und nach, wenn ich mich aus den Gedanken zur Wirklichkeit zurückzwinge, zeigen mir wieder die Augen wessen Gast ich bin."
"Ja"
"Sie sind so still geworden, warum denn? Haben mir noch gerade jetzt so staunenswert richtige Urteile über unsere Stadt gesagt und sind jetzt so still."
"Still?"
"Fehlt Ihnen etwas? Soll ich den Dresseur rufen? Vielleicht sind Sie es gewohnt um diese Stunde eine Mahlzeit einzunehmen?"
"Nein, nein. Es ist auch schon gut. Ich kann Ihnen auch sagen was es war. Manchmal überkommt mich ein solcher Widerwille vor Menschen, daß ich dem Brechreiz kaum widerstehen kann. Das hat natürlich nichts mit dem einzelnen zu tun, nichts mit Ihrer liebenswürdigen Gegenwart. Es geht gegen alle Menschen. Es ist das auch nichts merkwürdiges, sollten Sie z. B. mit Affen ständig zusammenleben, hätten Sie bei aller Selbstbeherrschung gewiß ähnliche Anfälle. Im übrigen ist es auch nicht eigentlich der Geruch der Mitmenschen, der mich anwidert, sondern der Menschengeruch, den ich angenommen habe und der sich mit dem Geruch aus meiner alten Heimat mischt. Bitte riechen Sie selbst! Hier auf der Brust! Tiefer die Nase ins Fell! Tiefer, sage ich!"
"Ich kann leider nichts besonderes riechen. Der gewöhnliche Geruch eines gepflegten Körpers, sonst nichts. Allerdings, die Nasen der Stadtmenschen sind nicht maßgebend. Sie wittern natürlich tausenderlei das an uns vorüberweht."
"Früher mein Herr, früher. Das ist vorüber."
"Da sie selbst davon beginnen wage ich die Frage: Wie lange leben Sie eigentlich unter uns?"
"Fünf Jahre, am fünften August werden es fünf Jahre."
"Unerhörte Leistung. In fünf Jahren das Affentum abwerfen und die ganze Menschheitsentwicklung durchzugallopieren. Das hat wahrhaftig noch niemand getan. Auf dieser Rennbahn sind Sie allein."
Franz Kafka, Oktavheft D
eine Seite der LAG Spiel und Theater NRW e.V.